Ache 700 Lengfelden | Salzburg/Österreich 1999
Die Kulturinitiative Ache 700 hat sich im Jahr 2000 in und auf dem ehemaligen Fabriksgebäude und -gelände der Kartonfabrik „Dietz“ am Stadtrand von Salzburg angesiedelt. Auf 700 qm finden sich Ateliers und eine Galerie. Lengfelden liegt an der Peripherie der Mozartstadt, bildet den Übergang vom urbanen in den ländlichen Raum und gilt als für den Naherholungsraum Salzburg verlorenes Gebiet.
Außenraum und Umgebung werden von den Künstlerinnen und Künstlern immer wieder gezielt in ihre Arbeiten integriert. So organisiert die Initiative beispielsweise jedes Jahr „Fischachbegehungen“. Die Fischach, ein durch den Ortskern von Lengfelden geleiteter Flusslauf, bietet dabei den Ausgangspunkt für die Veranstaltung, die dem Anspruch des Kulturgeländes als eine offene Institution im Kontext der Schnittstelle zum nichturbanen Raum Rechnung tragen möchte. Das Augenmerk liegt dabei auf den unterschiedlichen Aspekten des Suburbanen. Die Natur wird inmitten des Industriegebietes als Zone des Übergangs thematisiert und gilt als offenes Gegenüber zum zivilisatorischen Umgang.
Hartwig Mülleitner steigt in seine Arbeit für die Fischachbegehung im Jahr 2000 ein, indem er den Lauf des kleinen Flusses entlangwandert – und zwar gegen den Strom. Aufgrund seiner vielseitigen Beschäftigung und Arbeit mit Stein ist ihm schon lange bewusst: Arbeiten mit Stein ist Arbeiten mit Zeit. Darum nimmt er sich auch diesmal die notwendige Zeit, setzt sich auf einen Stein, schaut auf das Wasser und beginnt zu philosophieren: Der Strom des Wassers symbolisiert den Verlauf von Zeit. Wenn man in die Bewegung schaut, den kleinen Wellen und Strudeln mit den Augen folgt, verliert man (sich) irgendwann (in der) die Zeit.
Diese Erfahrung nützend, möchte er nun den Versuch starten, das Phänomen umzudrehen, indem er eine Möglichkeit findet, die verlorene Zeit „zurückzudrehen“. In dem Wissen, dass der Bach viel Zeit benötigt, um Steine und Geröll weiter nach unten zu transportieren, schafft Mülleitner Steine zurück in den oberen Flusslauf und „gewinnt“ damit Zeit. Der Künstler „schmeißt“ die Steine aber nicht einfach in den Fluss zurück, sondern ordnet sie, auf Eisenstäben befestigt, kreisförmig, in augenfällig widernatürlicher geometrischer Form mitten im Flusslauf an, wo sie vom fließenden Wasser „bewegt“ werden. Diese Bewegung ist aber so minimal, dass sie auf den Betrachter wie eine optische Täuschung wirkt. Die Steine scheinen zu schwimmen und sanft vom Wasser hin und her gewiegt zu werden. Hartwig spielt mit den Gegensätzen leicht und schwer, möglich und unmöglich, Natur und Menschenhand, Fiktion und Realität – und damit einmal mehr mit seinen Betrachtern.